Samstag, 26. April 2014

Non-Stop- der Flug endet nicht so bald


Non-Stop
Erscheinungsjahr: 2014
Thriller, Mystery, Abenteuerfilm, Actionfilm
Liam Neeson, Julianne Moore


In dem Film „Non-Stop“ geht es um den Air Marshall William Marks, der während seines Fluges von New York nach London mehrere anonyme SMSen bekommt, in denen angekündigt wird, dass auf diesem Flug alle zwanzig Minuten jemand sterben wird, wenn nicht 150 Millionen Dollar auf einem bestimmten Konto erscheinen. Der Marshall stellt sich den Timer auf seiner Armbanduhr und versucht den SMS-Schreiber ausfindig zu machen, damit kein Unglück passieren kann. Er kontrolliert die Passagiere  und bekommt dabei Hilfe von einer Stewardess und der netten Frau, die sich vor dem Abflug neben ihn ans Fenster gesetzt hat. Einige Personen verhalten sich in seinen Augen auffällig, doch es gilt nun herauszufinden, wer denn der wirkliche Schreiber ist.


In dem Film wird zwar ein bisschen rumgeschossen, jedoch ist es noch eine angenehme Menge, sodass auch Leute, die das nicht so mögen, sich den Film ruhig anschauen können. Die Kameraführung hat mich nicht immer ganz zufriedengestellt, aber in so einem Actionfilm muss halt auch durch so Effekte die Spannung aufgebaut werden. Mir erging es so, dass sehr viel und wild spekuliert wurde, zwischendrin wurde sogar eine alte Frau, die die Flugzeugtoilette besuchte, verdächtigt, die SMSen geschrieben zu haben. Ich fand den Film sehr spannend, man konnte sehr gut mit fiebern. Allerdings hätte ich an der Stelle des Marshalls einfach das Handy ausgemacht, so wie man es eigentlich sowieso auf Flügen machen sollte. Die Altersbeschränkung ist okay, da man kein Blut sieht, obwohl jemand stirbt und außerdem können 12-jährige schon was aushalten.







Samstag, 19. April 2014

"Träumen" ist kein Infinitiv, sondern eine Aufforderung!

Morgen kommt ein neuer Himmel
Lori Nelson Spielman
Fischer-Verlag (24. März 2014)
14,99€

Ich tupfe meine Augen trocken. Tief durchatmen. „Gut“, sage ich. Jeden Moment kann ich erneut die Fassung verlieren. „Sie sagten, Sie müssten noch etwas mit mir besprechen.“ Der Anwalt zieht einen zweiten Aktenordner aus einer Ledermappe und legt ihn vor mich auf den Tisch. „Für Sie hat Elizabeth sich etwas anderes überlegt.“ Er schlägt den Ordner auf und reicht mir einen vergilbten Zettel. Ich betrachte ihn. Er ist glattgestrichen, man sieht, dass er einmal zerknüllt gewesen sein muss. „Was ist das?“ „Eine Liste mit Lebenszielen“, erwidert er. „Ihre Liste.“

„Morgen kommt ein neuer Himmel“ von Lori Nelson Spielman (im Englischen weniger poetisch: „The Life List“) handelt von der 34-jährigen Brett, die gerade ihre geliebte Mutter verloren hat und von tiefer Trauer geplagt wird, pflegten die beiden doch immer eine sehr innige Beziehung. Doch Elizabeth wartet auch nach ihrem Tod mit einer Überraschung für Brett auf: Sie hinterlässt ihrer einzigen Tochter (neben zwei Söhnen), die gleichzeitig auch immer ihr Sorgenkind war, eine Liste mit Lebenszielen, die Brett als Vierzehnjährige aufgeschrieben und eigentlich in den Müll geworfen hatte. Ganze zehn Lebensziele soll Brett von dieser Liste im Laufe des nächsten Jahres erfüllen, um ihr (nicht unerhebliches) Erbe ausgezahlt zu bekommen. Zunächst erscheint es so, als wäre dies ein Ding der Unmöglichkeit, finden sich doch Punkte darunter wie „1. Ein Kind bekommen, vielleicht zwei“ und „20. Eine tolle Lehrerin werden“. Doch nach anfänglichen Zweifeln findet die unsichere Brett wieder zu ihrem alten Selbstvertrauen zurück, sie beginnt, an sich und an die Erfüllung dieser Liste zu glauben. Manchmal muss man dabei sogar sein ganzes Leben von Grund auf umkrempeln. So erkennt sie, dass im Leben zu jedem Zeitpunkt alles möglich ist, auch wenn nicht immer alles so kommt, wie man es plant.

Es ist ein Buch, das momentan an allen Ecken und Enden wärmstens empfohlen wird. Die Idee, die dem Buch zugrunde liegt, hat mich direkt angesprochen, wenn sie auch nicht neu ist und mir bereits aus Jill Smolinskis „Die Wunschliste“ in ähnlicher Form bekannt war. Gut gefallen hat mir direkt auch das Cover mit seiner eigenwilligen Farbgebung und einer Art „Lebensbaum“ über der Überschrift, der all das enthält, was Brett laut Liste anstreben soll. Das Buch selbst ist extrem gut lesbar, der Schreibstil ist einfach und geradezu nüchtern, was poetische Elemente angeht. Durch die Wahl des Ich-Erzählers, gelingt es Spielman, dem Leser ein umfassendes Bild der Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonistin nahezubringen, sodass es sehr leicht fällt, sich mit Brett zu identifizieren. Die Hauptfigur wird demnach gut ausgeleuchtet, man erfährt ihre Stärken und Schwächen. Weniger gut gelingt dies Spielman bei ihren anderen Figuren, bei denen sie dazu neigt, alle ein wenig zu typisieren, so dass sie mehr als Karikaturen von Menschen erscheinen: die allseits geliebte, charismatische Mutter Elizabeth, der kaltherzige und neidische Vater, der sie nie lieben konnte, die kapitalistisch und kleinbürgerlich denkenden Brüder, die kalkulierende und kühle Schwägerin, der versnobte Freund.

Die Handlung selbst ist, fürchte ich, sehr vorhersehbar, ohne dass ich nun allzu viel verraten möchte. Ihre Mission ist durchaus von einem ständigen Auf und Ab geprägt, schließlich muss Brett für die Erfüllung der Liste ihr ganzes Leben umkrempeln. Dabei verliert das Buch jedoch nicht seinen hoffnungsvollen, optimistischen Grundtenor, der stets nach Harmonie strebt. Schon, es geschehen durchaus Dinge, die Wunden schlagen – da gibt es eine Trennung, den Tod eines Menschen und ein schwieriges Kind, dem nicht geholfen werden kann. Es gibt auch weitere Probleme, die sich lediglich als Missverständnisse entpuppen. Doch all den negativen Geschehnissen wird keine große Bedeutung eingeräumt.

Stets strebt das Buch selbst danach, nach vorne zu blicken, weiterzumachen, dem Negativen nicht zu viel Raum zu lassen. Eigentlich ein schöner Gedanke. Eine durch und durch positive Botschaft, die beim Leser auch als solche ankommt. Dadurch büßt das Buch aber auch an Authentizität ein. Welcher Mensch kommt so schnell über das Ende einer langjährigen Beziehung weg? Wem gelingt es, nach dem bösen Ende einer Freundschaft diese wieder aufleben zu lassen, ohne dass es eine richtige Aussprache gibt, in der die Dinge beim Namen genannt werden? Wer kann es einfach so akzeptieren, dass man ein Leben lang über die eigene Herkunft belogen wurde? Vieles löst sich einfach zu schnell in Wohlgefallen auf. Dies gilt auch für das Ende, das förmlich nach fünfzig weiteren Seiten schreit. Man kann danach streben, das Leben so in etwa leben zu wollen, man sollte es die Hand nehmen, aktiv werden, „Lebe deine Träume“ und so weiter – doch so harmonisch wie Bretts Leben wird es niemals werden. So ist das Leben einfach nicht.


Alles in allem kann ich sagen, dass ich das Buch sehr gerne gelesen habe. Es hat Spaß gemacht, schließlich war es amüsant und interessant. Ein richtiges Unterhaltungsbuch, mit ein paar Aufregern (z.B. Andrew, der arrogante Freund oder Herbert, der scheinbar perfekte Mann schlechthin), aber vor allem vielen humorvollen und schönen Stellen, die einen lächeln ließen. Die „echte“ Liebesgeschichte hat mir persönlich nicht so gut gefallen, da ich einen anderen Mann an Bretts Seite favorisierte (dass sie am Schluss einen kriegt, dürfte ja klar sein). Aber nun gut. Wenn auch ein echter Konflikt bzw. der Tiefgang in diesem Roman fehlte, so kann man doch sagen, dass Spielman, die nachfolgenden Satz in ihrer Danksagung formulierte, etwas in uns bewegt hat: „Letztlich gehört dieses Buch allen Mädchen und Frauen, die das Verb „träumen“ nicht als Infinitiv, sondern als Aufforderung verstehen.“ Wie viele andere hat dieses Buch auch mich zum Nachdenken über meine eigenen Lebensziele angeregt und mir vielleicht sogar ein bisschen Mut gemacht.




Donnerstag, 17. April 2014

Ein kosmisches Lesevergnügen!

Ich und die Menschen
Matt Haig
Deutscher Taschenbuch Verlag (1. April 2014)
Amazon


Hoffnung war oft zwecklos. Und oft ohne jede Vernunft. Wäre sie vernünftig, hätte sie wahrscheinlich Vernunft geheißen. Außerdem war Hoffnung mühsam und anstrengend, und ich war Anstrengungen nicht gewohnt. Zu Hause war nichts anstrengend. Genau darum ging es zu Hause – um den Genuss einer perfekten, mühelosen Existenz. Doch ich war hier. Und hoffte.

Dem Mathematikprofessor Andrew Martin ist es gelungen, das Geheimnis um die Riemannsche Vermutung zu lüften, das gleichsam das Rätsel um die Verteilung der Primzahlen löst und eine bahnbrechende Entdeckung für die Menschheit bedeutet. Doch dann wird er von einer außerirdischen Lebensform entführt, getötet und durch einen von ihnen ersetzt. Der Außerirdische, der nun mit Professor Martins Gesicht herumläuft, hat den Auftrag, alle Hinweise auf die Lösung des mathematischen Rätsels auszulöschen – in Computern, in Notizen, in Menschen. Die menschliche Natur und Zivilisation erscheint ihm befremdlich, der menschliche Verstand und die scheinbar fortschrittliche Technik primitiv. Doch dann lernt der Außerirdische die Musik Debussys, Erdnussbutter und australischen Wein kennen. Und irgendwann stellt er auch fest, dass die Menschen trotz ihrer Nasen gar nicht so hässlich sind – vor allem Isobel Martin, Andrews Ehefrau. Plötzlich ist er sich nicht sicher, ob er es schafft, seinen Auftrag auszuführen und Frau und Kind tatsächlich zu töten …

Zunächst einmal klingt die Handlung von Matt Haigs „Ich und die Menschen“ interessant und vor allem amüsant. Dieser Roman verspricht Humor, Romantik und eine starke Prise Science Fiction. Diese Erwartungen werden erfüllt, dieses Buch hält sogar noch ein wenig mehr für den Leser bereit: Es ist ein Buch mit zunehmend existenzialistischer werdenden Anklängen, ein Buch, das von dem Menschen handelt, betrachtet aus der Perspektive eines Wesens, das weder mit unserer Natur noch mit unserer Kultur vertraut ist und nicht Teil unserer Gesellschaft ist. Es ist eine distanzierte, aber niemals objektive Perspektive: Negative wie positive Eigenarten des Menschen werden so gekonnt aufgezeigt, dass der menschliche Leser selbst lächelnd den Kopf schütteln muss. Kleidung! Autos! Haustiere! Wohnzimmer! Computer! Hühnerbrust! Sind das nicht urkomische Konzepte? Ich muss sagen, es tut gut, einmal die durch und durch sozialisierte Perspektive einer Europäerin aufzugeben und gemeinsam mit dem Außerirdischen zu staunen, zu kritisieren und sich neu in das zu verlieben, was an unserem Planeten und an unserer Spezies so einzigartig und schön ist.

Es ist großartig, wie wunderbar Haig tiefgründig-philosophische Anklänge mit sehr humorvollen Szenen in Einklang bringt. Er malt nicht schwarz-weiß oder stellt eine Harmonie her, die es gar nicht geben kann. Er bildet das Leben ab, so wie es ist – mit Hochs und Tiefs – denn so und nicht anders verhält es (das Leben) sich auch für einen Außerirdischen, der mit dem Gefühlshaushalt eines Menschen erst einmal klarkommen muss. Der Leser kann die Entwicklung des Außerirdischen hervorragend nachvollziehen: Dieser lernt die Menschen Abschnitt für Abschnitt besser verstehen und setzt sich schließlich sogar für sie ein, anstatt sie zu töten. An Spannung verliert das Buch auch zum Schluss nicht. Allerdings gibt es einen kleinen Abzug für das Ende, das einer gewissen Logik entbehrt. Bei der ultimativen Problemlösung macht es sich Haig dann doch ein wenig leicht und der Leser stößt auf Ungereimtheiten, die zu nennen hier fehl am Platze wäre.

Allemal ist dies jedoch ein gelungenes Werk, tiefgründig, witzig, an den richtigen Stellen melancholisch und es regt vor allem die Reflexion an. Ein kosmisches Lesevergnügen!





Mittwoch, 16. April 2014

What makes you different makes you dangerous

Die Bestimmung - Divergent
Erscheinungsjahr: 2014
Science-Fiction, Dystopie
Shailene Woodley, Theo James
Trailer


Der Film „Die Bestimmung“ ist eine Buchverfilmung des Romans „Divergent“ der amerikanischen Autorin Veronica Roth. Das Buch erschien 2011, die Verfilmung im April 2014. Da ich das Buch (noch) nicht gelesen habe, wird es auch bei dieser Rezension außen vor gelassen! 
Die Geschichte spielt im Amerika der Zukunft – genauer gesagt in Chicago. Die Gesellschaft wurde nach dem letzten Krieg neu strukturiert und alle Bürger werden seit dem auf fünf verschiedene Fraktionen aufgeteilt – entscheidend dafür in welche Fraktion sie gelangen, sind die jeweiligen Charaktereigenschaften. Die Selbstlosen findet man in Altruan, die Mutigen in Ferox, die Intelligenten in Candor, die Ehrlichen in Ken und die Freundlichen in Amite. Hauptperson der Geschichte ist Beatrice Prior – im weiteren Verlauf „Tris“ genannt. Es ist der Tag gekommen, an dem sich alle 16-Jährigen einem Test unterziehen müssen, der ihnen sagen soll, welcher Fraktion sie sich anschließen sollen. Aber egal was der Test sagt, jeder darf frei wählen und darf sich eine Fraktion aussuchen. Bei Tris geschieht jedoch etwas Außergewöhnliches – der Test ist bei ihr nicht eindeutig, ihr kann keine Fraktion eindeutig zugewiesen werden und das kommt nicht sehr oft vor, wie ihr gesagt wird. Sie ist eine Unbestimmte und niemand darf dies erfahren.

Tris entscheidet sich für die Fraktion der Ferox – die Mutigen und Furchtlosen, die Beschützer der Bewohner von Chicago. Nun beginnt für alle Neulinge die harte Ausbildung. Um bei den Ferox dabei sein zu dürfen durchlaufen sie ein hartes Training, sowie körperlich als auch seelisch. Tris fühlt sich mit der Frage konfrontiert, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hat, oder ob es nicht besser gewesen wäre, wenn sie zu Hause in ihrer alten Fraktion und bei ihren Eltern geblieben wäre, doch ein Zurück ist unmöglich, das wird ihr schon von Anfang an klar gemacht. Und dann gibt es da ja noch diese Tatsache, dass sie eine Unbestimmte ist – Tris weiß, dass das niemand heraus finden darf, ansonsten ist sie in großer Gefahr..

Wie schon gesagt, habe ich das Buch nicht gelesen, daher kann ich nicht sagen ob der Film den Inhalt des Buches gut umsetzt, ich finde aber, dass der Film auf jeden Fall sehenswert ist! Zugegeben, ich habe meine Zeit gebraucht um mich an diese „Welt“ und diese beschriebene Gesellschaft und diese Gegebenheiten zu gewöhnen, aber dann ist man doch irgendwie dort angekommen und lässt sich von den Geschehnissen mitreißen! Mit Tris konnte ich mich eigentlich sofort anfreunden – ihre Entscheidung, sich den Ferox anzuschließen war auf jeden Fall eine mutige, denn man merkt, dass sie zu Beginn eigentlich kein besonders kämpferischer oder sportlicher Mensch ist! Es findet also auf jeden Fall eine deutliche Charakterentwicklung statt. Shailene Woodley fand ich auf jeden Fall toll in der Rolle. 

Insgesamt hat mir der Film also wirklich gut gefallen, die Besetzung fand ich sehr passend, der Soundtrack hat mir gut gefallen. Als Nicht-Leser des Buches stellten sich mir zwischendurch ein paar wenige Fragen, aber ansonsten konnte man der Handlung wirklich gut folgen! ... und jetzt werde ich mir das Buch schnappen! :D



(Bild: http://www.hypable.com/2013/11/12/divergents-main-poster-released-tris-and-four-are-high-atop-chicago/)

Sonntag, 13. April 2014

Schwarz, eisblau, dunkellila, dunkelrosa, olivgrün, dunkelblau und magnolienweiß!*


Alice, wie Daniel sie sah
Sarah Butler
Knaur TB-Verlag (3. März 2014)
14,99 €
Amazon

"Ich ziehe herum. Das ist meine Strategie, wenn ich denn überhaupt eine habe, und überall stelle ich mir dich vor. Ich habe kaum Anhaltspunkte, aber einiges kann ich erahnen: deine Haarfarbe, deine Größe, dein Alter. Und ich kenne deinen Namen. Ich könnte nach dir rufen, und du drehst dich um. Dann stünden wir hier, ließen die Fahrradfahrer vorbeirauschen, hörten die Boote wie Glocken aneinanderschlagen und würden reden."

Die Affäre mit einer verheirateten Frau warf Daniel vor Jahren aus der Bahn. Heute ist er obdachlos und auf der Suche nach seiner der Affäre entspringenden Tochter Alice, die einen eisblauen Namen hat: Eisblau für A, Gold für L, Rosa für I, Dunkelblau für C, Grau für E. Daniel nimmt Buchstaben in Farben wahr und versucht so, mit Alice, die er noch nie gesehen hat, zu kommunizieren. Über die ganze Stadt verteilt er Kunstwerke mit Alice' Namen, bis er von der Beerdigung von dem Mann erfährt, der Alice als seine Tochter großgezogen hat. Und Daniel weiß instinktiv, dass Alice dort sein wird ...

"Alice, wie Daniel sie sah" oder auch "Ten Things I've Learnt About Love" im Englischen ist ein ruhiges Buch mit einer sanften Poesie. Keiner bringt dem Leser die Kopplung von Farben und Buchstaben so nahe, wie unser Synästhetiker Daniel. Besonders gut gefallen hat mir hierbei die Farblegende im Umschlag des Buches, die jedem Buchstaben eine eindeutige Farbe zuweist. Daniel erzählt dem Leser nicht immer, welches Wort er da gerade in einem seiner farbenfrohen Kunstwerke aus Abfall legt, aber diese Legende macht es möglich, die Rätsel zu lösen. 

Die Geschichte des Romans wird von Alice und Daniel gleichermaßen erzählt. Alice' Geschichte beginnt damit, dass sie nach London ans Sterbebett ihres (Zieh-)Vaters reist, Daniel entführt den Leser auf einen seiner Streifzüge. Zugegeben, Alice' Kapitel lassen sich flüssiger lesen, es fällt nicht schwer, das "schwarze Schaf" der Familie, das weniger konventionell und bürgerlich ist als ihre Schwestern, liebzugewinnen. Zu Daniel findet man nicht so leicht einen Zugang. Seine Kapitel werden beherrscht von Beschreibungen, Gedanken und Gefühlen, sind somit sehr viel statischer. Doch seine Figur ist einzigartig. Er präsentiert sich dem Leser als feinfühliger, sensibler, gutmütiger Mann, dem das Schicksal und die eigene Schwäche übel mitgespielt hat. Doch es ist der Gedanke an Alice, der ihn aufrechthält, er lebt für seine Tochter. Daniel lernt man vielleicht nicht ganz am Anfang, aber doch im Laufe des Romans lieben - wenn man sich auf seine Sicht der Welt einlässt. Überhaupt liegt für mich in der Zeichnung ihrer Charaktere Butlers große Stärke. Die Figuren wirken authentisch. 

Was ihr meiner Meinung nach weniger gut gelingt, ist die Handlungsführung bzw. das Vorantreiben der Handlung. Manchmal gibt es Gedankensprünge zwischen zwei Sätzen, die einen verwirrt zurücklassen und es erforderlich machen, dass man die Seite erneut lesen muss, um zu versuchen, es wirklich richtig zu verstehen. Am Ende des Buches hat man das Gefühl, dass nur ein winziger Teil der Geschichte wirklich erzählt wurde und es noch so viel mehr zu sagen gäbe. Generell gibt es Rätsel, die im Laufe des Romans entstanden sind und nie aufgedeckt werden. Was war es, das der (Zieh-)Vater am Sterbebett Alice verschwieg und Cee und Tilly jedoch sagte? Wussten die Schwestern von der Affäre ihrer Mutter? Warum genau hat Kal nie den Mut gefunden, seinen Eltern Alice vorzustellen? Möglicherweise lässt Butler  als Expertin für Kreatives Schreiben (sie unterrichtete dies am British Council in Kuala Lumpur) Fragen dieser Art bewusst offen, um die Imagination des Lesers anzuregen, doch ich muss ehrlich sagen, dass es mich mehr beeindruckt, wenn der Autor die Handlungsfäden fest in der Hand und am Ende zusammenzuführen weiß. 

Dieser Roman ist eine zarte Geschichte, die von dem Band zwischen Vater und Tochter erzählt und von der Poesie der Synästhesie lebt. All dies spielt sich in einem London ab, das förmlich Leben, Farben und Vielfalt atmet - ein London, das man einfach lieben muss. L für Gold, O für Silber, N für schmutziges Gelb, D für Hellorange, fast durchsichig, O für Silber, N für schmutziges Gelb. 

* "Magisch" in Daniels Farbensprache!





Donnerstag, 10. April 2014

Glaubst Du, dass unsere Liebe Wunder vollbringen kann?

Wie ein Einziger Tag
(The Notebook)
Erscheinungsjahr: 2004
Rachel McAdams, Ryan Gosling
Trailer

Wie ein einziger Tag (im Original: The Notebook) ist ein Liebesfilm aus dem Jahr 2004 , in den Hauptrollen spielen Rachel McAdams und Ryan Gosling. Als Vorlage zu diesem Film diente der gleichnamige Roman von Nicholas Sparks aus dem Jahr 1996. 
Ja, der Film ist schon 10 Jahre alt und nein – ich habe ihn bisher noch nicht gekannt! Allerdings habe ich vor etwa einem Jahr das Buch gelesen und wollte den Film seit dem sehen. Ich möchte den Film jetzt aber nicht mit dem Buch vergleichen, dazu ist die Erinnerung auch gar nicht mehr gut genug. Auf jeden Fall hat mir das Buch sehr gut gefallen, daher hatte ich auch recht große Erwartungen an den Film. 

Der Film spielt in South Carolina, Amerika. Es geht um Allie und Noah, die beiden lernen sich kennen, als sie noch sehr jung sind. In dem Sommer, in dem sie 17 Jahre alt sind, treffen sie sich das erste Mal und verlieben sich, werden ein Paar. Doch ihre Beziehung soll nicht von Dauer sein, denn Allie muss nach dem Sommer weg, zurück nach Hause und dann auf ein College in New York. Ihr Glück soll nicht bestehen bleiben, denn als Noah nach dem Sommer noch weiterhin in Kontakt mit Allie bleiben will, wird ihm dies von ihrer Mutter verwehrt. Noah entspricht nicht Allies Stand, er kommt vom Land, sie ist ein Stadt Mädchen aus wohlhabender Familie. In diesem Film gibt es viele Gegensätze, Noahs Familie ist arm, Allies hingegen reich; Allies Eltern scheinen verschiedene Ansichten zu haben, was das Glück und die Zukunft ihrer Tochter betreffen und auch die Hauptpersonen selbst unterscheiden sich charakterlich sehr. Aber vielleicht fühlen sie sich genau deswegen so sehr zueinander hingezogen. In der Geschichte findet nun ein Zeitsprung statt, einige Ereignisse im Leben der Protagonisten werden im Schnelldurchlauf erzählt und dann kommt es natürlich, wie es kommen muss: Allie und Noah sehen sich wieder. Er hat sich seinen großen Traum erfüllt, sie steht kurz vor der Hochzeit und es stellt sich die Frage: für wen wird sich Allie entscheiden? 

Die Geschichte von Noah und Allie wird von einem Erzähler wiedergegeben, dadurch hat man das Gefühl, als würde man die Charaktere viel besser kennen lernen und würde auch richtigen Anteil an ihrem Leben und ihrer Geschichte haben. Wie bei so vielen Liebesfilmen ist der Ausgang vorhersehbar – aber darum geht es ja auch letzten Endes gar nicht. Man will den Film genießen, mit den Charakteren mitleiden und sich mit ihnen freuen und das kann man bei diesem Film auf jeden Fall. Er ist romantisch, aber nicht kitschig, hat lustige Szenen aber auch viel Ernsthaftes. Es ist also in keinem Falle eine kitschige Liebesschnulze sondern eine Geschichte von zwei Menschen, die eine gemeinsame Vergangenheit haben, mit dieser konfrontiert werden und Entscheidungen treffen müssen. 



Eine sonderbare Buchhandlung, eine sonderbare Geschichte!



Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra
Robin Sloan
Karl Blessing Verlag (3. März 2014)
19,99  €
Amazon



Clay Jannon ist ein arbeitsloser Webdesigner, bis er auf den Laden von Mr. Penumbra trifft. Dieser stellt ihn ein und Clay arbeitet von nun an in der Buchhandlung, nachts. Denn sie ist 24 Stunden am Tag geöffnet und es kommen auch 24 Stunden am Tag Kunden. Jedoch kaufen sie nie etwas, sondern leihen sich die Bücher nur aus. Clay versucht das Geheimnis um diese mysteriöse Bibliothek zu lüften. 

Ich finde das Cover des Buches sehr schön. So ungefähr stelle ich mir auch die Regale in der Buchhandlung vor. Nicht so hell, eher dunkler und dicht aneinander gequetscht. 

Vom Schreibstil her finde ich das Buch wirklich sehr schön. Es lässt sich flüssig lesen, auch wenn manchmal halt diese Computersachen drin stehen. Was mich manchmal noch überrascht hat, ist, dass etwas nicht in Anführungszeichen geschrieben wurde, was Clay aber anscheinend gesagt hat, und die andere Person halt dann darauf eingegangen ist. Einmal habe ich dabei gedacht, derjenige könnte Gedanken lesen. 

Die Idee des Buches ist gut, die Geschichte spielt ja größtenteils auch in der Buchhandlung, aber es ist auch gut, dass sich der Schauplatz mal ändert, z.B. als Clay, Kat und Neel Penumbra nach New York folgen. Es wird stets spannend gehalten, es kommen immer wieder neue Informationen hinzu. Ich fand Clays Idee, sich durch das Strick-Museum Zugang zu den Patrizen zu verschaffen, irgendwie genial. Da wäre ich nicht drauf gekommen. Überhaupt fand ich, dass die Hauptperson nicht dumm war. Clay hatte immer wieder gute Einfälle, zum Beispiel auch die, mit Grumbles Erfindung Manutius‘ Codex Vitae einzuscannen. 

Fazit: Ich empfehle das Buch an alle, die etwas von Computern verstehen, aber trotzdem Bücher lieben. Außerdem ist es was für Leute, die gerne mit rätseln und sich für so eine Art Buch begeistern können. Mir persönlich hat es sehr gut gefallen und ich werde mir vielleicht auch noch die Kurzgeschichte, die die Geschichte erzählt, die vor diesem Buch passiert ist, herunterladen.








Wozu das Ganze überhaupt?

Nichts: Was im Leben wichtig ist 
Janne Teller 
Deutscher Taschenbuch Verlag 
 Deutsche Erstausgabe 2010 
6,95 € 

"Das Gehirn und die DNA von Schimpansen sind fast identisch mit unseren", hatte er gestern gerufen und sich in die Äste des Pflaumenbaumes geschwungen. "Menschsein ist überhaupt nichts Besonderes!" Und an diesem Morgen hatte er gesagt: "Es gibt sechs Milliarden Menschen auf der Erde. Das sind zu viele, aber im Jahr 2025 werden es achteinhalb Milliarden sein. Das Beste, was wir für die Zukunft der Erde tun können, ist sterben!"

Der, der diese Weisheiten altklug unter seinen Schulkameraden verbreitet, heißt Pierre Anthon und hat eines Tages beschlossen, nicht länger in die Schule zu gehen, sondern lieber von seinem Platz im Pflaumenbaum aus, über das Leben zu urteilen, denn nichts ist von Bedeutung. Wozu also zur Schule gehen, leben, lieben, kämpfen, leiden? Das Beste, was man tun kann, ist sterben! Eines sei schon vorab gesagt: In diesem Buch gibt es Tote, oh ja. Und einen Haufen 13-Jährige, die auf der Suche nach Sinn und Wahrheit erst fanatisch und dann wahnsinnig werden. Das Experiment beginnt ganz harmlos: Pierre Anthons Schulkameraden, allesamt gut erzogen, zivilisiert und gesellschaftskonform, beschließen, ihrem Mitschüler zu beweisen, dass es durchaus Dinge im Leben gibt, die wichtig sind und von Bedeutung sind: Da gibt es die alte Lieblingspuppe, den heißgeliebten Perlmuttkamm, die Beatles-Kassette, Bücher, Porzellanhunde, Laufschuhe ... lauter Dinge, die Menschen eben so am Herzen liegen. Dann aber eskaliert das Projekt und der "Berg aus Bedeutung" wächst auf eine gesunde Art und Weise: Da wird der Sarg des verstorbenen Bruders ausgebuddelt, das Haustier abgegeben oder getötet und auch der Finger, der gerne über eine Gitarre streicht, muss dran glauben. Als alles auffliegt, wird der "Berg aus Bedeutung", der zunächst einen Eklat darstellt, weltbekannt und noch dazu wertvoll: Für 3,6 Millionen wird er an ein amerikansiches Museum verkauft. Grund genug dafür, dass Pierre Anthon voller Hohn (und zurecht) klarstellt: "Die Bedeutung, ha!" Pierre Anthon lachte höhnisch. "Falls dieser Misthaufen jemals etwas bedeutet hat, war damit an dem Tag Schluss, als ihr dafür eine Bezahlung angenommen habt." 

Zwar stellt "Nichts" nicht unbedingt ein Buch dar, bei dem man mitfiebert, dennoch möchte ich das Ende für all jene, die es noch lesen möchten, nicht vorwegnehmen. Ich muss ehrlich gestehen, dass es drei Jahre halbgelesen bei mir im Regal herumstand. Beim Aufräumen fiel es mir heute in die Hände und ich habe mich zu dazu durchgerungen, es zu beenden. Im Vorfeld wurde ich schon sehr beeinflusst von vielen unterschiedlichen Meinungen. Als das Buch 2000 in Dänemark veröffentlicht wurde, löste es bereits eine Kontroverse aus, 2012 verlief das in Deutschland nicht anders. Eigentlich, so muss man ja sagen, ist die Grundidee Tellers ja gar nicht so übel. In diesem Jugendbuch bespricht sie nicht nur die existenzielle Frage nach Bedeutung und einem grundsätzlichen Sinn des Lebens, sie hinterfragt auch die Menschlichkeit und deren Bedingungen. "Nichts" wirft Fragen auf, die man sich als Erwachsener im Alltag, im Wettlauf mit der Zeit, nicht jeden Tag stellt, aber für Jugendliche durchaus ein Thema sein kann. Wozu das Ganze, wenn wir in höchstens 80 Jahren doch unter der Erde liegen und die Würmer an uns knabbern? Pierre Anthon fungiert hierbei im Buch als die Personifizierung fundamentaler Zweifel eines jeden Menschen. Jeder hat einen kleinen Pierre Anthon im Kopf, der auf ungesunde, non-konforme Art und Weise Dinge hinterfragt, auf die es keine klare Antwort gibt. Grundsätzlich bin ich also mit Tellers "Idee", ihrem "Thema", einverstanden. 

Es gibt aber einige Dinge, die mich bei der Umsetzung dieser Idee wirklich entschieden stören. Die Kinder häufen also einen "Berg aus Bedeutung" an. Bei Janne Teller verlieren sie dabei ihre Menschlichkeit, verlieren jeden Skrupell und auch jeden Bezug zu diesem "Konformismus", wie Teller das nennt, was sozialisierte Erwachsene praktizieren. Sie verlieren den Bezug zur Gesellschaft. Heißt das, Sinnsuche lässt sich nur außerhalb der Gesellschaft betreiben? Ist es zwingend nötig, von einem Mädchen die Unschuld, von einem Jungen den Finger einzufordern, ist die Aufgabe von Menschlichkeit nötig? Das ist das, was mir an der Seite der Sinnsuchenden nicht gefällt. Auf der anderen Seite gefallen mir auch Pierre Anthons Antworten nicht, die absolut nihilistisch daherkommen. Beim Lesen des Buches war mir daher nie völlig klar, worum es eigentlich im Kern geht. Möchte Frau Teller Lebensfreude im Keim ersticken? Wie soll man so das Leben bestreiten? Nein, das wollte sie offenbar nicht. In einem Interview sagte sie:
"Das, was Pierre Anthon und seine Mitschüler tun, um welchen Preis auch immer, ist es doch, die Frage "Hat das Leben überhaupt einen Sinn" in die Frage umzuformen, welchen Sinn es haben sollte." Ehrlich gesagt fällt einem diese Umformung der existenziellen Fragen ein wenig schwer, wenn da ein Pierre Anthon existiert, der auf 140 Seiten immer wieder sagt: "Wenn nichts irgendetwas bedeutet, gibt es nichts, um darauf wütend zu sein! Und wenn es nichts gibt, um darauf wütend zu sein, gibt es auch nichts, um sich deshalb zu prügeln!" Diese Antworten gibt er bis zum Schluss und es gibt nichts, was ihn vom Gegenteil überzeugen könnte. Die Frage, welchen Sinn das Leben haben sollte, stellt sich dem Leser da nie wirklich, wird der Sinn selbst doch so konsequent infrage gestellt und eigentlich schließlich auch negiert.

Für das Ende schließlich kann und soll jeder seine eigene Interpretation finden, da möchte ich auch nichts weiter zu schreiben. Mir hat das jedenfalls weniger Antworten noch Hoffnung beschert - der Ansatz war toll, stellt das Thema doch ein bisschen so etwas wie ein Tabu dar, doch bei der Umsetzung und vor allem bei dem Ende haperte es für mich doch gewaltig. Vielleicht ist mir auch etwas Wichtiges entgangen, wenn dem so ist, freue ich mich über Anmerkungen. Vorerst muss ich aber sagen, dass das Buch für mich keine Bereicherung darstellt, was es als "Parabel" aber hätte sein sollen.







Dienstag, 8. April 2014

Sometimes Love needs a Rewrite

Not Another Happy Ending
Erscheinungsjahr: 2013
Karen Gillan, Gary Lewis, Stanley Weber
(Romantische) Komödie
Trailer


In der Komödie „Not Another Happy Ending“ aus dem Jahr 2013 geht es um die junge Autorin Jane Lockhart, gespielt von Karen Gillan. Der Verleger Tom Duvall hat zugestimmt ihr erstes Buch herauszubringen und daher müssen die beiden ab sofort zusammen an ihrem Entwurf arbeiten, so dass ein richtiges Buch daraus entsteht. Durch die gemeinsame Arbeit lernen sich die beiden natürlich mit der Zeit immer besser kennen. Nachdem Janes erstes Buch ein großer Erfolg wird, möchte sie selbstverständlich, dass ihr das mit ihrem zweiten Buch auch gelingt, doch während des Scheibprozesses kommt es häufiger zu Komplikationen, der Grund: wenn Jane glücklich ist, hat sie eine Schreibbloackade. Auf Tom lastet natürlich großer Druck, seine einzige erfolgreiche Autorin schafft es schließlich nicht ihr Buch fertig zu stellen! Gemeinsam mit seinem Kollegen Robby startet er nun eine Mission um Jane zurück ans Schreiben zu bringen … 

Zugegeben, ich habe mir diesen Film in erster Linie nur angeschaut, weil Karen Gillan die Hauptrolle spielt und ich sie seit Doctor Who so gerne mag. Aber nicht nur ihre schauspielerischen Fähigkeiten haben mich überzeugt – der Film hat einfach ein tolles Gesamtpaket. Ja, der Plot ist vorhersehbar und man weiß schon von Beginn an, wer am Ende das glückliche Liebespaar sein wird, aber trotzdem gibt es viele witzige und skurrile, aber auch ernsthafte Stellen. (Und eine interessante Wendung am Schluss, über die ich nicht zu viel sagen will!) Es geht nicht nur um die Beziehung der beiden Hauptpersonen sondern auch um eine Vater-Tochter-Beziehung und natürlich das Schreiben, ein Thema was sich wunderbar mit diesem Blog verbinden lässt! :D 


Mir hat der Film wirklich gefallen. An den schottischen Akzent muss man sich in der Original Version wohl etwas gewöhnen, aber ich persönlich mag das ganz gerne! Zusammenfassend kann ich sagen, dass dies ein Film ist, den man guten Gewissens einfach mal so zwischendurch gucken kann, er hinterlässt ein gutes Gefühl und bietet gute Unterhaltung! 

Bildquelle: http://de.web.img1.acsta.net/pictures/210/413/21041340_20130918123516806.jpg








Spannend bis zur letzten Seite

Denn niemand hört dein Rufen
Mary Higgins Clark
Heyne Verlag
8,99 €

Amazon


„Denn niemand hört dein Rufen“ (im Original: Just Take my Heart) ist ein Krimi der Autorin Mary Higgins Clark aus dem Jahr 2009. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge, angehende Staatsanwältin Emily Wallace, deren Mann im Irak Krieg ums Leben gekommen ist. Ihr wird ein Fall übertragen, in dem sie die Anklage gegen den Hauptverdächtigen übernimmt. Eine bekannte Schauspielerin wurde brutal ermordert und ihr Ex-Mann ist der Hauptverdächtige, wobei dieser an seiner Unschuld festhält. Der einzige Zeuge, der Gregg Aldrich belastet ist ein Kleinkrimineller namens Jimmy Easton.

Meine Erwartungen an das Buch waren relativ hoch, da ich schon andere Krimis von Higgins Clark gelesen habe, die mir auch jedes Mal sehr gut gefallen haben. Meines Erachtens unterscheidet sich aber dieses Buch von ihren anderen Krimis (jedenfalls von denen, die ich kenne), da der Leser hier stets an der Seite von Emiliy Wallace, der Staatsanwältin ist. Das bedeutete, dass der Leser sie mehr als einmal in eine Anhörung oder Gerichtsverhandlung begleitet. Da mir dies im Vergleich zu anderen Krimis, die ich gelesen habe, eher neu und ungewohnt vorkam, fand ich die betreffenden Stellen auch recht lang gezogen. Nichtsdestotrotz ist dieses Buch spannend, und zwar bis zum Ende. Genau wie die Hauptperson, stellt man sich die Frage ob der Angeklagte wirklich der Täter ist. In jedem Kapitel wechselt der Erzähler, so dass man das Geschehen aus verschiedenen Perspektiven mitbekommt.

Alles in allem würde ich sagen, dass dieser Krimi sich gut lesen lässt und bis zum Ende nicht offensichtlich ist, wer für den Mord verantwortlich ist. Daher bleibt es durchgehend spannend. Dennoch finde ich, dass der „Showdown“ am Ende doch länger hätte ausfallen können als nur fünf Seiten. Obwohl einige Aspekte in der Geschichte vorhersehbar sind, wird den Hauptfiguren und vor allem Emily Tiefe verliehen. Positiv anzumerken ist, dass man mit dem Laufe der Handlung immer mehr Hintergrundinformationen über die Protagonistin erfährt und man nicht von Anfang an ihre ganze Lebensgeschichte kennt. Ein wenig Abwechslung in der Handlung hätte dem Buch vielleicht gut getan, dennoch bleibt es spannend bis zur letzten Seite.  







Wenn einer eine Reise tut ... liest sich das unwahrscheinlich gut!




Rachel Joyce

The Unlikely Pilgrimage of Harold Fry
Random House-Verlag
6,60€

Harold sat in silence. The silver-haired gentleman was in truth nothing like the man Harold had first imagined him to be. He was a chap like himself, with a unique pain, and yet there would be no knowing that if you passed him in the street, or sat opposite him in a café and did not share his teacake. Harold pictured the gentleman on a station platform, smart in his suit, looking no different from anyone ese. It must be the same all over England. People were buying milk, or filling their cars with petrol, or even posting letters. And what no one else knew was the appalling weight of the thing they were carrying inside. The superhuman effort it took sometimes to be normal, and a part of things that appeared both easy and everyday. The loneliness oft hat. Moved and humbled, he passed his paper napkin.

Eigentlich mag ich es gar nicht, wenn auf dem Cover eines Buches schon so Sachen wie „The Sunday Times Bestseller“ und „Impossible to put down – The Times“ stehen. Das klingt schon so nach Kommerz. Und nur weil ein Buch ein Bestseller ist, heißt es noch lange nicht, dass es gut ist, das musste ich schon häufig feststellen. Zwei Jahre nach dem Erscheinen von „The unlikely pilgrimage of Harold Fry“ fiel es mir dann aber doch in seinem englischen Original in der Buchhandlung Hatchards in London in die Hände und wollte zu mir. Und ich bereue den Kauf nicht.

Rachel Joyce entführt ihre Leser auf eine Reise durch England: Als der unscheinbare Rentner Harold Fry von dem nahenden Tod seiner alten Freundin Queenie Hennessy erfährt, fasst er den Entschluss, den ganzen Weg von Knightsbridge im Süden Englands nach Berwick-upon-Tweed im Norden Schottlands zu gehen, um sie zu retten. Harold beginnt, zu glauben. Nicht an Gott, seine Pilgerreise ist nicht religiös. Er beginnt, an sich selbst zu glauben – vielleicht das allererste Mal in seinem Leben. Denn Harolds Vergangenheit, die er bislang immer verdrängte, ist von Leid, von Gewissensbissen und der Unfähigkeit zu handeln geprägt. Doch diesmal handelt er, denn er hat ein Ziel. Und wie so oft ist auch hier der Weg das Ziel – ein Weg voller glücklicher und trauriger Momente, Zweifel, Zufriedenheit, Erkenntnissen und Begegnungen mit Menschen. 

Die Handlung des Buches ist recht einfach gestrickt. Die alltagsphilosophischen Weisheiten wie die oben zitierte sind alle nicht wirklich neu. Und doch war es interessant und irgendwie etwas Besonderes, über Harolds kathartische Reise zu lesen, die ihm stellenweise selbst über den Kopf zu wachsen scheint – und trotzdem macht er weiter. Was Rachel Joyce wirklich meisterhaft gelingt, ist es, ihren Figuren Tiefe zu verleihen. Harold Fry ist eine so gewöhnliche Figur, dass es fast befremdlich wirkt, liest man doch oft von Charakteren, die praktisch dazu bestimmt sind, Helden zu sein. Harold aber war nie ein auffälliger, lauter Mensch, er war nie etwas Besonderes. Hat nie etwas Besonderes getan. Und doch hat er eine Geschichte, er besitzt eine Vergangenheit, die ihrerseits ebenso einem normalen Menschen hätte passieren können. Diese Tatsache führt dem Leser vor Augen, dass wir alle Menschen sind und alle unseren Schmerz haben – und somit auch, dass wir alle wie Harold Fry eine solche Reise unternehmen können. Eine Reise durch Großbritannien, eine Reise in das Selbst. 

Sehr schön stellt Joyce auch Harolds Beziehung zu seiner Ehefrau Maureen dar, die unter der Zeit und der Vergangenheit bis zu einem Punkt gelitten hat, an dem man nicht mehr weiß, ob diese Ehe noch eine Chance hat. Und dann ist da noch Queenie, für die Harold diese Reise zunächst unternimmt. Aber warum eigentlich? Ein Spannungsbogen ist in diesem Buch durchaus vorhanden, was dazu führt, dass es sich wirklich gut und flüssig lesen lässt. Einen kleinen Abzug gibt es bei mir in der Tat für das Ende bzw. die letzten fünfzig Seiten. Hier verliert Harold zusehends seinen Mut und lässt den Leser schon mal das Alter des Rentners spüren (ich weiß nicht, wie ich es anders umschreiben soll, denn spoilern möchte ich ja nicht!). Für mich war aufgrund dieser plötzlich erneut aufkeimenden Zweifel und seines geradezu depressiven Anfalls auch das Ende letztlich doch irgendwie nicht vollständig „befriedigend“. Es hatte einen bitteren Beigeschmack, aber … so ist das Leben nun mal!

Trotz ernster Themen wie Alkoholismus, Drogen, Tod und Scheitern verliert es nicht an Unterhaltsamkeit – denn da ist ja immer noch die Hoffnung, der Glaube, der innere Antrieb. Von Anfang an hat der Leser das Gefühl, beim Lesen selbst eine Reise zu unternehmen, an Harolds Seite mitzugehen. Glück, Erschöpfung und Orientierungslosigkeit machen sich immer dann breit, wenn dies auch bei Harold der Fall ist. Die Art und Weise, wie Rachel Joyce dieses Buch geschrieben hat, dieses Mitfühlen, das man verspürt, zeigt, dass hier wirklich sehr viel Herzblut und eigener Schmerz hineingeflossen ist. Denn die Autorin schrieb dieses Buch im Wettlauf mit der Zeit: Wie Queenie Hennessy lag ihr eigener Vater im Sterben und so unternahm sie selbst durch das Schreiben ihre eigene Reise.





Nichts für schwache Nerven


Bunker Diary
Kevin Brooks
dtv Verlag
12,95 €

Amazon


"Aber wenn du nicht jetzt lebst und auch nicht in der Zukunft oder Vergangenheit - verdammt noch mal, wann lebst du?"

„Bunker Diary“ ist ein Jugendroman aus dem Jahr 2014, geschrieben von Kevin Brooks. Der britische Schriftsteller wurde schon mehrfach mit dem deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Die Handlung des Buches ist recht einfach zusammenzufassen: sechs Menschen, die in keiner offensichtlichen Beziehung zueinander stehen, werden nach und nach von einem Unbekannten entführt und in einen Bunker verschleppt. Dieser Bunker ist zwar mit den nötigsten Dingen eingerichtet, die zum Leben benötigt werden, doch ein Entkommen scheint unmöglich. Die sechs Personen werden nicht nur gefangen gehalten, sondern vom Entführer Tag und Nacht beobachtet.

Der Protagonist ist der 16-Jährige Linus, der seine Erlebnisse im Bunker in seinem Notizbuch festhält und so den Leser daran teilhaben lässt. Er hält nahezu alles in seinem Tagebuch fest, seine Gedanken und Gefühle, seine Ängste, Tagesabläufe sowie mögliche Ideen zur Flucht. Durch den Ich-Erzähler erfährt der Leser natürlich hauptsächlich über Linus' Geschichte, über seine Vergangenheit, die Probleme mit seinen Eltern und die Gründe, warum er von zu Hause weggelaufen ist. Doch außer Linus befinden sich noch andere Personen im Bunker: ein kleines Mädchen und vier Erwachsene.

Brooks' Schreibstil hat etwas an sich, das dazu führt, dass man immer weiter lesen muss. Mir persönlich ging es jedenfalls so, dass ich das Buch nahezu in einem Rutsch runterlesen konnte. Man saugt Linus' Gedanken und Berichte quasi in sich auf, man will wissen wie es weitergeht, was er weiterhin erlebt. Werden sie eine Fluchtmöglichkeit finden? Welche Person stößt als nächstes dazu? Wer ist der Entführer und vor allem: was ist das für eine Person, die sechs Menschen aus dem Leben reißt und wie Tiere in einen Käfig steckt und beobachtet? Das Buch ließ mich mit einigen unbeantworteten Fragen zurück, aber das ist auch gerade das, was es ausmacht. Die Ungewissheit. Die tausend Fragen, die man sich stellt, genau wie Linus es auch tut.

Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Buch wirklich für alle jugendlichen Leser gut geeignet ist, es gibt einige Stellen an denen Dinge doch sehr explizit erwähnt und genau beschrieben werden. Meiner Meinung nach hätte auch „Thriller“ bei dem Buch besser gepasst als „Roman“. Nichtsdestotrotz regt die Thematik des Buches natürlich sehr zum Nachdenken an. Nachdem man das Buch gelesen hat, wird man noch für einige Zeit darüber nachdenken müssen, so ging es mir jedenfalls.

Zusammenfassend kann man sagen, dass „Bunker Diary“ ein Buch mit sehr krasser Thematik und nichts für schwache Nerven ist. Es zeigt deutlich auf, wie der Mensch sich in einer absoluten Ausnahmesituation verhält und wozu er eigentlich fähig ist. Es wirft tausend Fragen auf und lässt den Leser mit einem sehr bedrückenden Gefühl zurück. Das Buch hat auf jeden Fall eine fesselnde Wirkung und trotzdem ist man froh, wenn man es zwischenzeitlich aus der Hand legt und sich wieder in der Realität befindet.




Berührende Kulisse und knisternde Erotik - ein guter Auftakt!

Berührt
Robin Lyall
Arena-Verlag
9,99€


Was dachte sich dieser eingebildete Schnösel eigentlich? Nein, so leicht war sie bestimmt nicht zu besänftigen. Gerade legte sie sich ein paar scharfe Worte zurecht … als er völlig unerwartet seine Hände um ihren Kopf legte, Rachel zu sich heranzog und sie selbstbewusst und leidenschaftlich auf die Lippen küsste. Rachel wollte protestieren. Ehrlich. Aber dann passierte irgendetwas. Ihr Körper übernahm die Führung und sie küsste ihn zurück. […] Was hatte sie im Moment eigentlich an sich, dass plötzlich alle Welt meinte, sie ungefragt küssen zu dürfen?


Der Start in ihr Studentenleben könnte für die achtzehnjährige Rachel McIntyre nicht besser gelungen sein: Im schönen Cornwall bezieht sie ein Appartement in einem Schloss und hat dabei nicht nur einen fantastischen Meerblick, sie wohnt auch Tür an Tür mit anderen gleichaltrigen Studenten, deren Bekanntschaft sie bereits nach wenigen Tagen macht. Es dauert nicht lange und sie schließt Helen, Bruce, Kathy, Josh und wie sie alle heißen in ihr Herz. Sie lernt das Studentenleben so kennen, wie es sein sollte: Da gibt es rauschende Partys und spontane Unternehmungen, bei denen alle in ihren Klamotten schwimmen gehen oder Wasserball spielen. Und dann ist da neben aller Freundschaft ja auch noch die Sache mit der Liebe: Nicht nur Gitarrist Caleb hat es ihr irgendwie angetan, auch der mysteriöse Grayson Wolf macht Rachel mit seiner mysteriösen, wechselhaften Art schwach. Reinstes Gefühlschaos ist da vorprogrammiert! Erschwerend kommt hinzu, dass sich Grayson und Caleb nicht im Geringsten ausstehen können – ein Hass, der auf einem Unfall mit einem Mädchen, Amelia, basiert. Rachel ist entschlossen, dem Rätsel auf die Spur zu kommen … 

„Berührt“ bildet den Auftakt einer Buchreihe rund um die Protagonistin Rachel, die einen neuen Lebensabschnitt beginnt und dabei neue Freunde sowie neue Lieben findet und alte Rätsel entdeckt, die es aufzudecken gilt. Zugegeben: Beim Lesen merkt man recht schnell, dass dieses Buch Teil einer Reihe ist (auch wenn dies nicht explizit auf der Rückseite erwähnt wird), denn es wird viel Zeit darauf verwendet, zu beschreiben, wie Rachel sich einlebt. Nicht alle Szenen dienen dem Vorantreiben der Handlung, was jedoch den Figuren selbst mehr Tiefe verleiht und dem Leser einen besseren Einblick in Rachels Alltag verschafft. 

Das Setting an sich ist zunächst einmal atemberaubend: Ein Schloss voller Studenten, ein riesiges Schwimmbad, ein Garten voller Rosen, das Meer, Cornwall. Da entstehen herrliche Bilder vor Augen des Lesers, der vor Neid auf Rachel zu platzen droht. 

Auch die Persönlichkeiten, denen Rachel in ihren ersten Wochen als frischgebackene Studentin begegnet, wachsen einem ans Herz, vor allem Helen, Caleb und Grayson. Jeder Charakter hat seine eigene Vergangenheit, wie die geheimnisvollen, thrillermäßigen Züge des Buches beweisen, eine Vergangenheit, die auch in der Gegenwart noch Probleme mit sich bringt. Die Beschreibung der Figuren und die Darstellung der Dynamik zwischen ihnen lag Robin Lyall beim Schreiben eindeutig am Herzen, was ihr auch gut gelungen ist.

Mir persönlich fiel es allerdings etwas schwer, mich mit Rachel zu identifizieren. Mir gefiel ihre aufbrausende, schlagfertige Art, die sich allerdings für meinen Geschmack allzu schnell verflüchtigte, wenn sie einem der beiden Herren gegenüberstand. Gerade Grayson erobert ihr Herz (und ihren Körper) im Sturm. Zwar wünscht man sich diese „Liebesroman-Action“ ja, wenn schon auf dem Buch drauf steht „empfohlen ab 16“ und betroffene Szenen sind auch äußerst gut (!) gelungen, doch ich hätte mir gewünscht, dass besonders die Liebesgeschichte rund um Grayson langsamer aufgebaut worden wäre. Alles, was vor einem Kuss zwischen zwei Menschen bereits bestehen kann, bleibt unerzählt. Rachel ist ihm ja direkt mit Haut und Haar verfallen! Es scheint, als hätten die beiden Jungen und ihre Vergangenheit Rachel fest in der Hand und ich hoffe, dass sie sich im Laufe der Reihe noch ein bisschen weiter emanzipiert.

„Berührt“ ist in jedem Fall ein gelungener Auftakt für eine romantische Jugendbuchreihe, die Anteile eines Thrillers aufweist. Die Vielzahl an Charakteren sowie die Beziehungen untereinander werden so geschickt dargestellt, dass man als Leser wissen möchte, wie es weitergeht. Und außerdem – man denke nur an diese verwegen romantische Kulisse, in die der Leser da entführt wird … allein deswegen ist das Buch den Kauf und das Lesen definitiv wert!





Und jede Nacht stirbt sie einen kleinen Tod - atemberaubend, spannend, durchdacht!


Ich. Darf. Nicht. Schlafen.
S.J. Watson
Scherz-Verlag
14,95€
Amazon

»Christine, du bist jetzt siebenundvierzig«, sagt er. Ich sehe ihn an, diesen Fremden, der mich anlächelt. Ich will ihm nicht glauben, will nicht mal hören, was er da sagt, aber er redet weiter. »Du hattest einen Unfall«, sagt er. »Einen schlimmen Unfall. Mit Kopfverletzungen. Es fällt dir schwer, dich an Dinge zu erinnern.« »Was für Dinge?«, sage ich und meine eigentlich, Doch bestimmt nicht die letzten fünfundzwanzig Jahre? »Was für Dinge?« Er macht einen weiteren Schritt auf mich zu, nähert sich mir, als wäre ich ein verängstigtes Tier. »Alles«, sagt er. »Manchmal schon seit du Anfang zwanzig warst. Manchmal sogar noch früher.« Daten und Altersangaben schwirren mir durch den Kopf. Ich will nicht fragen, aber ich weiß, ich muss. »Wann … wann war der Unfall?« Er sieht mich an, und sein Gesicht ist eine Mischung aus Mitgefühl und Furcht. »Als du neunundzwanzig warst …«


In „Ich. darf. nicht. schlafen.“ von Steve Watson wacht Christine Lucas jeden Morgen im Körper und im Leben einer 47-Jährigen auf, während sie sich nur an ihre ersten zwanzig Lebensjahre erinnert. Ihr Studienabschluss, ihr schriftstellerischer Erfolg, ihre Ehe und alles, was ein gelebtes Leben sonst noch so nach sich zieht – vergessen, weg, ausgelöscht. Jeden Morgen bekommt sie ihr Leben wieder neu von ihrem Ehemann Ben erklärt, an welchen sie sich im Übrigen auch nicht erinnert. Christine leidet seit ihrem Unfall vor achtzehn Jahren unter Amnesie. Die Chancen auf eine Besserung ihres Zustandes erscheinen zunächst verschwindend gering, aber mit der Hilfe von Dr. Nash und dem Tagebuch, das sie seit einigen Wochen führt, stellt Christine fest, dass sie sich immer öfter an Dinge erinnert. Dabei stößt sie auf Ungereimtheiten, denn ihre Erinnerungen passen nicht immer zu dem, was Ben ihr erzählt. Und Christine stellt fest, dass er sie immer wieder belügt – sicher nur zu ihrem Besten … oder? 

Eigentlich lese ich gar keine Thriller, aber nachdem ich innerhalb kürzester Zeit dann doch gleich zwei recht gute gelesen habe, könnte ich meine Meinung ändern. Im Französischen heißt das Buch, dem englischen Titel entsprechend, „Avant d’aller dormir“, also „Vor dem Schlafengehen“. Der deutsche Titel ist hier meiner Meinung nach etwas irreführend: Er legt nahe, dass Christine versucht, die Wahrheit ans Licht zu bringen, indem sie nicht schlafen geht und so ihre Erinnerungen länger zu erhalten versucht. Das ist nicht der Fall. Es sind ihre Tagebuchaufzeichnungen, die es ihr ermöglichen, die Wahrheit zu finden. Die Wahrheit ist überhaupt in dem Buch eine spannende Sache. Sie ist keinesfalls offensichtlich, bis fast zum Schluss hatte ich keine Ahnung, wie sich das alles auflösen mag, und ich fieberte atemlos mit der Protagonistin des Buches mit. 

Es ist ein gemeinsames Entdecken: Auch sie hat keine Ahnung, was damals passiert ist. Ihre aufkeimenden Erinnerungen könnten Fiktion oder Realität sein. Sie ist hin- und hergerissen zwischen Misstrauen, Vertrauen und aufkeimenden Gefühlen, die es ihr schwer machen, rational und objektiv zu bleiben. Wie auch immer: Man geht einen gemeinsamen Weg zusammen und das Interessante bzw. Schöne dabei ist, dass die Protagonistin sich die gleichen Gedanken macht, die man als aufmerksamer Leser hat. Sie stellt Hypothesen auf, Vermutungen, die sie dann wieder relativiert und verwirft oder sie erkennt, dass sie der Wahrheit entsprechen, was ihr als Basis für eine neue Hypothese dient. Es ist wirklich großartig, was für ein tolles psychologisches Gespür der Autor Steve Watson besitzt: Er legt Christines Gedanken- und Gefühlswelt sehr detailliert und nachvollziehbar für den Leser dar und ermöglicht es so, dass man sich mit ihr als unter Amnesie leidenden Figur durchaus identifizieren kann, Christine ist authentisch. Mir ist klar, dass man so etwas lieben muss: einen derart intimen und genauen Einblick in eine Figur zu bekommen, ohne dass dieser immer explizit zum Vorantreiben der Handlung dient. Andernfalls wird man mit diesem Buch vielleicht nicht glücklich. Es gibt nicht viele Schauplätze, hauptsächlich hält sich Christine in ihren vier Wänden auf, doch gerade zum Schluss wird das Buch auch in dieser Hinsicht sehr dynamisch. 

Einen kleinen Abzug hält das Buch für sein Ende. Ja, richtig gehört! Es klären sich zwar viele Rätsel, Christine findet die Wahrheit, dennoch ist es ein offenes Ende, was vielleicht die Vorstellungskraft des Lesers über das Buch hinaus anregen soll, doch ich habe mich einfach geärgert, dass ich es nicht erfahre. (Mehr sage ich nicht!) Trotzdem: Das Buch ist hochgradig empfehlenswert für jeden, der eine atemberaubende Geschichte über eine Frau lesen möchte, die auf der Suche nach der Identität ist, die ihr vor vielen Jahren geraubt wurde – oder hat Ben recht und es war einfach ein Unfall, also Schicksal?