Dienstag, 8. April 2014

The Bachelor goes royal


Kiera Cass
Selection 
Fischer Sauerländer-Verlag
19,99€



35 Mädchen. Eine Krone. Die Chance ihres Lebens. Die Chance ihres Lebens, das ist das Casting, bei dem am Schluss eine von ihnen erwählt wird, Prinz Maxon, Thronfolger des Staates Illéa, zu heiraten. America Singer ist eigentlich glücklich und doch heimlich vergeben an den jungen Aspen, der einer niedrigeren Kaste als der ihren entstammt. Er ist es, der sie ironischerweise dazu drängt, an dem Casting teilzunehmen und siehe da: America kommt unter die 35 Auserwählten, die in den Palast ziehen und Prinz Maxon kennenlernen dürfen. Zunächst bietet sie sich ihm nur als Beraterin und Freundin an, doch dann entwickelt America trotz guter Vorsätze Gefühle für den schmucken Prinzen. Wird sie sein Herz für sich gewinnen und das Casting gewinnen? Liebt sie Maxon tatsächlich? Wird sie auf Aspen verzichten? 

Seit den Hungerspielen wird der Markt überschwemmt von Dystopien bzw. einem Mix aus Dystopien und Utopien, immer verbunden mit einer latenten Medienkritik, was das Ganze noch interessant macht. Der erste Band von Selection stützt sich auf ein sehr einfaches Konzept: Es geht um einen Wettbewerb, eigentlich wie bei den Tributen. Nur geht es hier nicht um Leben und Tod, sondern um das Herz des schönen Prinzen. Es erinnert an diese moderne Fernsehsendung „The Bachelor“, gleichzeitig hat Selection aber einen märchenhaften Touch: Da ist von Prinzen und Prinzessinnen, schönen Kleidern und Benimmregeln die Rede. Vielleicht habe ich zu viele feministisch angehauchte Bücher in letzter Zeit gelesen, aber ich komme nicht so richtig damit klar, dass sich 35 Mädchen wirklich auf den Weg machen, um um das Herz eines Typen, den sie gar nicht kennen, zu battlen. Und mal ehrlich, wer will denn heutzutage noch eine Prinzessin sein? Vielleicht an Karneval, aber all die Medienaufmerksamkeit und Pflichten, die man als Royal hat, sind mehr eine Last als ein Vergnügen. Wer würde schon wirklich gerne mit Herzogin Kate tauschen? 

Nun gut, aber das Lager der glorreichen 35 spaltet sich ohnehin in jene auf, die den Prinzen wollen, jene, die den Ruhm und die Macht wollen und schließlich noch jene, die mit der Aufwandsentschädigung für das Casting die Daheimgebliebenen ernähren wollen – alles eine Frage der Kaste, in die man geboren wurde. Sympathisch war mir also America durchaus, die zwar anfangs ein wenig allzu vehement damit beschäftigt war, Aspen dazu zu verführen, ihr einen Heiratsantrag zu machen, aber später in Maxons Gegenwart doch ein bisschen Frauenpower gezeigt hat: Sie gehört zur Sparte der schönen, aber temperamentvollen Protagonistinnen, die ihrem Herz folgt und sagt, was sie denkt. Ihre Emotionalität scheint ihre Schwäche zu sein, letztlich ist aber auch das eine verkappte Stärke. Nach einem vielschichtigen Charakter muss man also hier nicht suchen, America bleibt wie Aspen und Maxon im Grunde stereotypisch. Stereotypisch, aber wie gesagt nicht unsympathisch!

Eigentlich muss man großzügig sein mit Büchern dieser Art. Die Geschichten sind vorhersehbar, aber ganz nett und obwohl man weiß, dass sie sich früher oder später doch in Maxon verliebt, fiebert man doch mit. Für ein paar Stunden garantiert Selection durchaus Lesespaß, man will ja wissen, wie es ausgeht. Allerdings kann ich über die „Aufreger“ nicht ganz hinwegsehen. Wieso sieht der blöde Prinz nicht, was für eine intrigante Schlange Celeste (auch stereotypisch) ist? Wieso vertraut America ihm so früh an, dass sie doch etwas für ihn empfinden könnte? Wieso spricht sie nicht mehr mit Aspen, als er wieder in ihr Leben zurückkehrt? Warum zur Hölle fangen praktisch alle Mädchen außer America immer an zu weinen, wenn die Rebellen angreifen? Wieso fangen sie an zu weinen, wenn sie hören, dass bald welche aus dem Casting rausfliegen? Schön, schön, man kennt es ja von all den Castingsendungen à la Germany’s next Topmodel, aber auch da frage ich mich häufig: Wo bleibt da die Würde? Und dabei geht es ja wenigstens um den Aufbau der eigenen Karriere, hier geht es „nur“ um einen Mann, den sie alle nicht richtig kennen, geschweige denn lieben können. Hier, eines meiner "Lieblings"zitate in dem Zusammenhang:
"Und Lady America." Maxon schaute zu mir, und ich spürte, wie sich jeder Muskel in meinem Körper entspannte. Tiny fing sofort an zu weinen, und sie war nicht die Einzige. Maxon stieß einen lauten Seufzer aus. 

Die Storyline von Selection gäbe durchaus Stoff für ein bisschen wohlplatzierte Kritik an unserer eigenen Medienlandschaft, aber das verpasst die Autorin hier, zu konzentriert ist sie auf eine strikte Handlungsfortführung und das Liebesdreieck. 

Jugendbücher müssen nicht immer nur für Jugendliche sein, aber Selection ist in der Tat doch eher nur ein Buch für die Jugend. Da es einen aber doch ein wenig unterhält und amüsiert, vergebe ich zwei Sterne – manchmal macht es auch Spaß, etwas zu lesen, worüber man sich später leidenschaftlich aufregen kann.






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